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Mehrsprachiges Demographisches Wörterbuch (erste Ausgabe 1960)

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Die Wanderungen aus eigenem Antrieb1 können in unterschiedlicher Stärke nach verschiedenen Richtungen gehen. Der „Auswanderung” (802-4) entspricht oft ein — meist schwächerer — Gegenstrom: die Rückwanderung2, bestehend aus Personen, die früher ausgewandert sind und jetzt in die Heimat zurückkehren. Wenn eine solche Rückkehr staatlich gelenkt wird, nennt man sie Rückführung3 (Repatriierung3).

  • 1. Die Untersuchung der Wanderungsströme kann einen Hauptstrom der Auswanderung erkennen lassen. Die Formen der freiwilligen Wanderung sind u. a. Siedlung (landwirtschaftliche, industrielle), freiwillige Umsiedlung, freiwillige Repatriierung und gelenkte Wanderung.
  • 2. Rückwanderung, S. f. — Rückwanderer, S. m. — rückwandern, V. i.
  • 3. Repatriierung, S. f. — repatriieren, V. t. — Repatriierter, P. P. von repatriieren, als S. m. gebraucht. Irreführend und verharmlosend ist der Begriff Repatriierung (Umsiedlung, 812-6) für Vertreibung (Austreibung, 812-2).

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Einzelwanderung1 ist die „Wanderung” (801-1) einzelner Personen. Eine Gemeinschaftswanderung2 (Kollektivwanderung2, Gruppenwanderung2) ist eine Wanderung, an der, mehr oder weniger organisiert, Gruppen von einzelnen Personen oder Familien teilnehmen. Massenwanderung3 bedeutet die Wanderung einer großen Anzahl von Personen. Eine Katastrophenflucht4 (Exodus4, Auszug4) ist eine plötzliche Massenwanderung, die durch irgendein unglückliches Ereignis ohne Eingreifen der öffentlichen Gewalt bewirkt wird.

  • 1. Famiiienwanderung ist die Wanderung ganzer Familien.
  • 2. bis 3. Erfolgt eine Wanderung in einzelnen Schüben, so spricht man von Schubwanderung, erfolgt sie in Etappen und als Einzelwanderung, von Etappenwanderung.

    Eine Invasion, S. f. — meist militärisch gebraucht — ist eine plötzliche Masseneinwanderung gegen den Willen der Bewohner des Gebietes, eine Infiltration ist eine zahlenmäßig zwar schwache, daher wenig bemerkbare, aber durch ihre längere Dauer wirksame Einwanderung von ungern gesehenen Bevölkerungselementen.
    Mit Unterwanderung wird eine Gruppenwanderung bestimmter sozialer Schichten oder Bevölkerungsgruppen in Gebiete bezeichnet, die meist von einem anderen „Volk” (333-3) bewohnt werden. Sie kann spontan (810-1) oder gelenkt (811-2) erfolgen.

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Unter Zwangswanderung1 versteht man eine „Wanderung” (801-1), zu der die Betroffenen durch Gewalt oder Angst vor Gewalt gezwungen werden. Sie kann das Ergebnis einer Vertreibung2 (Austreibung2, Ausweisung2, Abschiebung2) sein. Die Betroffenen müssen ihren früheren Wohnort (801-3) aufgeben, ohne daß ihnen ein neuer zugewiesen würde. Evakuierung3 ist die planmäßige, nicht unbedingt zwangsmäßige Aussiedlung der gesamten Bevölkerung oder von Bevölkerungsteilen eines Gebietes bei Katastrophengefahr. Alle diese Zwangswanderer heißen Flüchtlinge4 (zutreffendenfalls auch Vertriebene4, Heimatverfriebene4). Unter Zwangsumsiedlern5 dagegen versteht man Zwangswanderer, denen neue Wohnsitze zugewiesen werden. Ein Sonderfall der Umsiedlung6 ist der Bevölkerungstausch7 (Bevölkerungsaustausch7), eine durch die herrschende Gewalt erzwungene „Gemeinschaftswanderung” (811-2) zum Zwecke gegenseitigen Austausches der Siedlungsgebiete, häufig von Nachbarstaaten zur volklichen Vereinheitlichung vorgenommen, um auf diese Weise Minderheitsprobleme (333-4) zu lösen.

  • 1. Bei „Vertreibung” einzelner, gewisser Bevölkerungsteile oder auch einer ganzen Bevölkerung spricht man von Massenzwangswanderung.
  • 2. Vertreibung, S. f. — vertreiben, V. t. — Vertriebener, P. P., als S. m.
  • 3. Evakuierung, S. f. — evakuieren, V. t. — Evakuierter, P. P. als S. m. Deportation, S. f., ist die Zwangsversetzung, Zwangsverschickung, S. f., einer Person oder von Personen als Strafmaßnahme, — deportieren, V. t. — Deportierter, P. P. als S. m.
  • 4. In der Bundesrepublik Deutschland sind die Merkmale der „Vertriebenen”, „Heimatvertriebenen” und „Flüchtlinge” im Bundesvertriebenengesetz definiert. Es muß deshalb zwischen dem rechtlichen und dem gewöhnlichen Sprachgebrauch unterschieden werden. Flüchtling, S. m. — Flucht, S. f. — fliehen, V. i.
    Politische Flüchtlinge werden auch „Emigranten” (802-4*) genannt. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden den „Vertriebenen” die Einheimischen (Altansässigen) gegenübergestellt. Darunter werden im allgemeinen die in einem Gebiet Gebürtigen und die vor der Zuwanderung dort Wohnenden verstanden.
  • 5. D. P. (Displaced persons, versetzte Personen) waren zunächst die während des 2. Weltkrieges in den damaligen deutschen Machtbereich verbrachten Fremdarbeiter, denen von den westlichen Alliierten in ihrem Besatzungsgebiet, soweit sie nicht zurückkehren wollten, ein Sonderstatus zugebilligt wurde. Dieser wurde später auch anderen nichtdeutschen Flüchtlingen zuerkannt. Das Synonym verschleppt, P. P. von verschleppen, V. t., Verschleppung, S. f., bezeichnet eine rechtswidrige gewaltsame Entführung, z. B. durch Menschenraub, S. m.
  • 6. Umsiedlung, S. f. — umsiedeln, V. t.
    Umsiedler, S. m. (Ez. Umsiedler), sind die Teilnehmer an einer Umsiedlung; Umsiedler wird unkorrekt, aber häufig angewendet auf Teilnehmer an einer Familienzusammenführung; wird ferner im Sprachgebrauch der Regierung und der Presse der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands irreführend und euphemistisch für die deutschen „Vertriebenen” (812-4) verwendet.
    Eine besondere Maßnahme der „Bevölkerungsumsiedlung” ist die Bevölkerungszerstreuung, S. f. — zerstreuen, V, t. Sie dient dem Zwecke, die geschlossene Siedlungsweise einer Bevölkerung oder Bevölkerungsgruppe aufzuheben und ihre Glieder zerstreut in fremder Umgebung anzusiedeln. Die Bevölkerungszerstreuung kann zur Vernichtung eines Volkes führen (Genocidium); im Extremfall spricht man von Ausrottung eines Volkes oder Völkermord.
    Austausch, S. m. — austauschen, V. t.

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Die Einwurzelung der Einwanderer erfolgt gradmäßig, in Anpassung1 an das äußere Leben des „Abnahmelandes” (801-4*) in Sprache und Gebräuchen, dann auch an das geistige und seelische Leben der neuen Umwelt, also in kultureller Anpassung2. Wenn jeder Unterschied zwischen den im Lande Aufgewachsenen und den Einwanderern verschwunden ist, ist die Assimilation3 vollzogen. Dieser Übergang wird meist durch die inzwischen erfolgte „Einbürgerung” („Naturalisierung”, 331-1) erleichtert.

  • 1. Anpassung, S. f. — (sich) anpassen, V. t. (V. r.).
    Im gleichen Sinne wie Anpassung auch Einwurzelung, S. f. — sich einwurzeln, V. r. als Gegenstuck zu Entwurzelung, S. f. — entwurzeln, V. t. Ferner Akklimatisierung, S. f. (= Akklimatisation), im strengen Wortsinn: Gewöhnung an das Klima — sich akklimatisieren, V. r.
  • 3. Assimilation (Assimilierung, Angleichung), S. f. — assimilieren, angleichensich assimilieren, V. r. — assimilierungsfähig, assimilierungsunfähig, Adj.

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Von einer Kolonie1 von Einwanderern spricht man, wenn die aus dem gleichen Gebiete kommenden Einwanderer geschlossen beieinander bleiben und ihre Sprache und Bräuche auch in der neuen Heimat beibehalten. In bereits bevölkerten Gebieten entsteht dadurch das Problem des Zusammenlebens2 (Nebeneinanderlebens2, der Koexistenz2) mit der einheimischen Bevölkerung (812-4*). Dieses Zusammenleben kann zur Verschmelzung3 der beiden Bevölkerungen führen, deren beiderseitige Unterschiede dann verschwinden, oder auch zur Einverleibung4, Integration4 unter Anerkennung und Förderung der kulturellen Eigenarten. Bevölkerungstrennung5 (Segregation5) liegt dann vor, wenn zwei Bevölkerungen nebeneinander leben, aber ihre kennzeichnenden Eigenschaften möglichst unvermischt bewahren wollen und zu diesem Zwecke den Verkehr mit der anderen Bevölkerung ablehnen.

  • 1. Kolonie, S. f. — Kolonist, S. m. = Zugehöriger einer Kolonie, — kolonisieren, V. t. — Kolonisafion, Koionisierung, S. f. Von Kolonisation im Sinne dieses Paragraphen zu unterscheiden ist die sogenannte innere Kolonisation (Binnenkolonisation), worunter man unter anderem auch Maßnahmen der Bodenreform versteht.
  • 2. Zusammenleben, S. n., substantivisch gebrauchtes V. i. — Koexistenz, S. f. — Bodenständige (eingesessene, einheimische) Bevölkerung bedeutet im engeren Sinne (812-4*) im allgemeinen Sprachgebrauch die in einem Gebiet geborene und dort wohnende Bevölkerung.
  • 3. Verschmelzung, S. f. — verschmelzen, V. t.
  • 4. Einverleibung (Integration), S. m. — einverleiben (integrieren) V. t.
  • 5. Trennung, S. f. — trennen, V. t.

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Die Wanderungspolitik1 der Staaten fügt sich mehr oder weniger harmonisch in den Rahmen ihrer allgemeinen „Bevölkerungspolitik” (104-2) ein. Die Einwanderungsgesetze2 sind häufig einschränkender Art. Sie streben oft eine Einwanderungsauslese3 (Auslese der Einwanderer3) an, teils indem sie die Einwanderer mit gewissen Merkmalen ausschließen, teils solche mit anderen Merkmalen bevorzugen. Das System der Einwanderungskontingente4 (Einwanderungsquoten4), die den verschiedenen Gruppen von Einwanderern zugeteilt werden, dient dazu, eine gewisse vom Einwanderungsland als günstig betrachtete Gliederung der Einwanderer aufrechtzuerhalten. Dieses System wird hauptsächlich gegenüber den in Betracht kommenden Auswanderungsländern gehandhabt, indem es die Zusammensetzung der Einwanderer nach der Staatsangehörigkeit des Herkunftslandes5 (manchmal nach dem Land der Geburt5, nach der „Volkszugehörigkeit”, 330-5) regelt. Die Politik der inneren Besiedlung6, die darauf hinzielt, die Zusammensetzung der Bevölkerung auf dem Gebiet eines Staates im Wege der „Binnenwanderung” (802-5) zu beeinflussen, kann als ein Teil der Wanderungspolitik betrachtet werden.

  • 3. Auslese, S. f. — auslesen, V. t. — In ähnlicher Bedeutung wird in der Anthropologie und Sozialbiologie der Begriff Siebung, S. f., verwendet.
  • 4. Kontingent, S. n. — kontingentieren, V. t. 6. Besiedlung, S. f. — besiedeln, V. t.


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